Datum der Ausschreibung

2012

Nr

1

Auftraggeber/Ausschreibende Stelle

Fernwärme Wien GmbH

Auftragstyp

Bauauftrag

13.3. Unklarheitenregel "Im Fall von Unklarheiten oder Widersprüchen zwischen einzelnen Bestimmungen gilt die für den AG günstigere Regelung oder Auslegung"

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Fragestellung

Diese Regel erscheint einseitig zu sein. Wie ist es möglich, daß der Ausschreibende sich einen Vorteil dadurch verschaffen kann,daß er sich selbst unklar oder widersprüchlich erklärt?

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Kurzkommentar

Die Klausel ist, wenn nicht von vornherein ungültig, jedenfalls nichtig und kann daher angegriffen werden. Da die Vertragsbedingungen von vornherein vorformuliert und kein Ergebnis zweiseitiger Verhandlungen auf Augenhöhe sind, unterliegen diese rechtlich:

 

- der Geltungskontrolle nach § 864a ABGB, wonach diese Klausel aufgrund ihrer undurchsichtigen Formulierung ungültig ist

- der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs. 3 ABGB, wonach diese Klausel für den AN gröblich benachteiligend, sittenwidrig und daher nichtig ist und

- dem Transparenzgebot nach § 6 Abs. 3 KSchG, gegen welches die Klausel verstößt und hiernach ebenfalls nichtig ist.

- Die Klausel verstößt gegen geltendes Recht, wonach eine unklare Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen immer zulasten des Erklärenden geht.

- Die Klausel verstößt gegen das Lauterkeitsrecht und die kartellrechtlichen Vorschriften für Marktbeherrscher und löst Schadenersatz und Unterlassungsansprüche aus.

 

Die Klausel führt die gesetzliche Unklarheitsregel ad absurdum und verkehrt sie in ihr Gegenteil. Die lapidare, ungenaue Formulierung der Geschäftsbedingungen durch den AG wird belohnt, der AN hat mit einem massiven Unberechenbarkeitsmoment zu kämpfen. Der AN ist hierdurch gröblich benachteiligt und ist diese Vertragsklausel, wenn sie trotz ihrer Undurchsichtigkeit überhaupt Vertragsbestandteil wird, nichtig. Diese Nichtigkeit muss im Prozess geltend gemacht werden. Außerdem führt die Verwendung der sittenwidrigen Klausel nach kartell- und lauterkeitsrechtlichen Bestimmungen zu Schadenersatz und Unterlassungsansprüchen. Diese können im Falle eines Rechtsschutzes in einem Vergabeverfahren erst nach einem entsprechenden Feststellungsbescheid nach § 341 Abs. 2 BVergG geltend gemacht werden, jedoch wenn ein Schutz nach Vergaberecht nicht gegeben ist, wie beispielsweise bei einem Unternehmerverband, unmittelbar nach § 1 UWG geltend gemacht werden.

Im Falle des Interesses zur ausführlichen Begründung (Stufe 2) loggen Sie sich bitte hier ein.