Datum der Ausschreibung

2010

Nr

17

Auftraggeber/Ausschreibende Stelle

Stadt Salzburg

Auftragstyp

Bauauftrag

AGB Punkt 9.3.2.

"Ergeben sich aus den Vertragsgrundlagen Widersprüche, gelten die vorgenannten Unterlagen in der angegebenen Reihenfolge, wobei im Zweifel nach Wahl der Auftraggeberin die für sie jeweils günstigste Variante oder der höhere Leistungsstandard als vereinbart gilt."

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Fragestellung

Wieso darf sich die Stadt Salzburg die für sie günstigste Bestimmung aussuchen, wenn es aus den von ihr selbst vorgegebenen AGB zu Unklarheiten kommt? Ist die Stadt nicht für Ihre AGB verantwortlich?

 

Gelten in diesem Vertrag die ÖNORMEN, da diese nicht angeführt sind?

 

Muss die Stadt nicht die ÖNORMEN anwenden?

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Kurzkommentar

Die Klausel ist eventuell von vornherein ungültig, jedenfalls aber nichtig und kann daher angegriffen werden. Da die Vertragsbedingungen von vornherein vorformuliert und kein Ergebnis zweiseitiger Verhandlungen auf Augenhöhe sind unterliegen diese rechtlich:

 

- der Geltungskontrolle nach § 364a ABGB, wonach diese Klausel aufgrund ihrer undurchsichtigen Formulierung ungültig ist

- der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs. 3 ABGB, wonach diese Klausel für den AN gröblich benachteiligend, sittenwidrig und daher nichtig ist und

- dem Transparenzgebot nach § 6 Abs. 3 KSchG, gegen welches die Klausel verstößt und hiernach ebenfalls nichtig ist.

- Die Klausel verstößt gegen geltendes Recht, wonach eine unklare Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen immer zulasten des Erklärenden geht.

- Die Klausel verstößt gegen das Lauterkeitsrecht und die kartellrechtlichen Vorschriften für Marktbeherrscher und löst Schadenersatz und Unterlassungsansprüche aus.

- Nach den vergaberechtlichen Vorschriften wäre von der Vergabekontrollbehörde ein Feststellungsbescheid zu erlassen, der die Rechtswidrigkeit dieser Klausel festhält und aufgrund dessen ein wettbewerbsrechtliches Verfahren zulässig ist.

 

Im vorliegenden Fall führt die Klausel die gesetzliche Unklarheitsregel ad absurdum und verkehrt sie in ihr Gegenteil. Die lapidare, ungenaue Formulierung der Geschäftsbedingungen durch den AG wird belohnt, der AN hat mit einem massiven Unberechenbarkeitsmoment zu kämpfen. Der AN ist hierdurch gröblich benachteiligt und ist diese Vertragsklausel, wenn sie trotz ihrer Undurchsichtigkeit überhaupt Vertragsbestandteil wird, nichtig. Diese Nichtigkeit muss im Prozess geltend gemacht werden. Außerdem führt die Verwendung der sittenwidrigen Klausel nach kartell- und lauterkeitsrechtlichen Bestimmungen zu Schadenersatz und Unterlassungsansprüchen. § 341 Abs. 2 BVergG spricht von dem Erfordernis, vor einer Geltendmachung dieser Ansprüche nach UWG einen Feststellungsbescheid im Vergabeverfahren zu erwirken. Es ist jedoch unrichtig, dass ein Verfahren nach UWG immer die Feststellung der Unzulässigkeit der Klausel im Vergabeverfahren voraussetzt: Gerade für Vereinigungen zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmen, die durch unlautere Handlungen berührt werden, besteht die Klagslegitimation gemäß § 14 UWG ohne dieses Erfordernis, da diese Institutionen nie Parteien des Vergabeprüfungsverfahrens sein können. Die Unternehmerverbände können daher die wettbewerbsrechtlichen Interessen Ihrer Mitglieder wahrnehmen, ohne auf einen Feststellungsbescheid angewiesen zu sein.

Im Falle des Interesses zur ausführlichen Begründung (Stufe 2) loggen Sie sich bitte hier ein.